Reha-Zentrum für Hörgeschädigte in Rendsburg

Rehabilitationen 2017

271. Reha – 21.01. bis 18.02.2017

 

 

 

 

 

 


272. Reha – 11.03. bis 08.04.2016

Meine Rendsburger Großfamilie

Im März war ich, zusammen mit 13 anderen Personen, zur Hörgeschädigten-Reha in Rendsburg.

Schon die Anfahrt nach Rendsburg war ein Erlebnis: vor Rendsburg, genauer gesagt, vor dem berühmt-berüchtigten Tunnel ging auf einmal gar nichts mehr. Das Navigationsgerät zeigte 3,6 km Restweg an – also SMS an Olaf Biemann geschrieben, dass ich festhänge und später komme. So ein Mist, das fängt ja gut an. Aber: Olaf hing auch fest und mit ihm noch einige andere aus unserer Gruppe. Der Tunnel war anschließend Tagesgespräch und sorgte für viel Kopfschütteln.

Am Nachmittag gab es nur eine kleine Einführungsrunde, in der vor allem Organisatorisches besprochen wurde, denn wir waren alle erschöpft. Ein Abendessen musste her! Gesprochen wurde eher wenig, man beschnupperte sich vorsichtig. Aber schon am ersten Abend konnte man sehen, dass unsere Gruppe aus sehr unterschiedlichen Menschen bestand.

Da gab es eine Großmutter und einen Großvater (bisschen brummig zu Anfang), dazu mehrere Geschwister, die so in etwa mein Alter (+/- 50) hatten. Ein Franzose war auch dabei mit einem charmanten Akzent. Viele von uns waren noch berufstätig und brachten zur Reha ihre Geschichten von der Arbeit mit. Ganz junge Menschen gab es in unserer Gruppe nicht, dafür mehrere CI-Träger (Oma und Opa hatten das CI erst ganz kurz), eine Dame war Meisterin im Lippen absehen (sie konnte über den ganzen langen Tisch hinweg Gesprächen folgen). Dann war da noch unsere Frohnatur, sangesmächtig und von heiterem Gemüt – obwohl „nur“ als Begleitung unserer Lippenableserin mit dabei – nahm er an allem Teil und gab auch oft und gerne seine Ansichten zu Gehör.

Zu Olafs Geburtstag sang er ein Ständchen, dass die Wände wackelten und bekam heftigen Applaus. Auch zwischendurch sang er ganz gerne mal, wir unterstützen ihn dann tatkräftig mit dem Refrain.

Manchen Teilnehmern sah man an der Nasenspitze an, dass sie eigentlich gar keine Lust auf die Reha hatten, nicht ganz freiwillig da waren und sich fragten: „Ach, was soll ich denn hier? Ich brauch das alles doch nicht, ich kann damit nichts anfangen.“ Auch diese Teilnehmer wurden vom Team und der Gruppe eingefangen und fühlten sich schon nach kurzer Zeit wohl.

Am nächsten Morgen machten wir mit Olaf eine Stadtführung  und am Nachmittag wurde noch ein Spaziergang am Nord-Ostseekanal angeboten. So fanden wir uns schnell zurecht. Das Rehagelände liegt sehr schön am Rande von Rendsburg, man kann in der Mittagspause prima am NOK spazieren gehen, einige von uns sind jeden Tag walken gegangen oder mit dem Rad gefahren. Räder kann man sich ganz unkompliziert ausleihen, da es keine Berge gibt, macht das Rad fahren Spaß und wenn der Wind zu stark ist, kann man das Rad einfach umdrehen und in die andere Richtung fahren. Dann hat man den Wind im Rücken.

Am Montag ging es mit dem Programm richtig los, welches sehr vielfältig war: Lippen absehen, Gebärdensprache (für die Eingeweihten erinnere ich an das Gelächter bei der Gebärde „Milchkaffee“) – für die Leser, die das nicht wissen, die Gebärde geht so: man tut so als würde man eine Kuh melken (das ist die Milch) und macht dann die Gebärde für Kaffee mahlen (altmodisch, mit der Kaffeemühle). Das waren immer sehr schöne und lustige Stunden.

Außerdem sprachen wir ausführlich über unser Verhalten in der Hörendenwelt und was wir tun können, um besser zu kommunizieren. Hörgeschädigte tun ja häufig so, als würden sie verstehen, obwohl sie nur „Bahnhof“ verstehen…wir arbeiteten heraus, dass das auf die Hörenden so wirkt, als seien wir arrogant, überheblich, uninteressiert oder schlicht ein bisschen doof und zurückgeblieben. Na, das möchten wir aber nicht, dass die Leute sowas von uns denken!

Der Aha-Effekt war groß – niemand von uns hatte sich große Gedanken darüber gemacht, wie die Hörenden es empfinden, wenn wir nichts verstehen. So gab es oft Situationen, die uns die Augen öffneten.

Einmal in der Woche hatten wir einen längeren Termin zum Thema Selbsterfahrung, hier besprachen wir konkrete Probleme, die uns zu schaffen machten. Z.B. die Ungeduld der Hörenden mit den Nicht-Hörenden, die Belastung, immer nachfragen zu müssen, die Frage, wie gebe ich meine Hörschädigung bekannt, wann ist der beste Zeitpunkt dafür? Das ist wichtig, wenn man Menschen kennenlernt. Wenn man den Zeitpunkt verpasst, wird es mit jedem Tag schwieriger, sich zu erklären. Auch hier gab es viele interessante Erkenntnisse, die uns von Uli vermittelt wurden.

Zwei Mal die Woche hatten wir Qigong mit Lorenz, das diente zur Entspannung, wir machten auch Übungen zum Gleichgewichtssinn und kamen dabei arg ins Schwanken.

Außerdem gab es Einzeltermine mit unseren „Betreuern“, Termine beim Akustiker und auch jemand von der Rentenversicherung kam vorbei, um mit den Berufstätigen die Situation auf der Arbeit zu besprechen. Auch die technischen Hilfsmittel wurden ausführlich vorgestellt; es ist doch erstaunlich, wie viele Angebote es gibt. Eine Teilnehmerin konnte probeweise für vier Wochen ein Hörgerät testen und war überglücklich. Das alte Hörgerät wanderte in die Schublade, es hatte sich schnell herausgestellt, dass es nicht das richtige für sie war. Das „neue“ Hörgerät wurde von allen Teilnehmern bewundert und reger Anteil an ihren Hörfortschritten genommen.

Nach 14 Tagen konnte man Erstaunliches feststellen: die CI-Träger hörten viel besser, unsere Oma konnte plötzlich die verschiedenen Vogelstimmen wahrnehmen, was mich persönlich fast zu Tränen rührte. Unser Opa war geprächiger geworden und lange nicht mehr so brummig, wie am Anfang. Schüchterne und zurückhaltende Teilnehmer gingen aus sich raus und wir wuchsen wirklich zu einer Großfamilie zusammen, mit all unseren liebenswerten Macken.

Natürlich ist das eine besondere Situation, in der wir dort lebten: rund um die Uhr zusammen, auch die Freizeit verbrachten wir häufig miteinander. Am Abend wurde noch geklönt und an den Wochenenden Ausflüge gemacht.

Schön waren auch die vielen Gespräche, die wir miteinander führten, die offene und lockere Atmosphäre. Oft lachten wir miteinander, wenn wir uns bei Verhaltensweisen ertappten, die wir doch eigentlich ablegen wollten. So hörte man ab und die streng vorgetragene Frage: „Hast Du mich verstanden?“. Man merkt es eben doch, wenn das Gegenüber einen nicht versteht, auch das war eine neue Erfahrung. So muss es den Hörenden ganz oft mit uns gehen… wir hatten nun Einblick in beide Welten, die der Hörenden und der Nicht-Hörenden.

Die vier Wochen vergingen wir im Fluge, der Abschied nahte und dem ein oder anderen wurde es wehmütig zumute. Dann war der letzte Tag da, es hieß Abschied nehmen – da flossen bei vielen Tränen. Es fühlte sich an, als würde man von aller Welt verlassen.

Aber es half ja nichts, wir versprachen uns, uns wiederzusehen und in Kontakt zu bleiben. Flugs wurde eine Gruppe gegründet, bei einem Messenger-Anbieter, schon am Abreisetag wurden die ersten Fotos hochgeladen. Die Probleme und die Erfolge in unserem Alltag teilen wir nun miteinander und einzelne von uns haben sich auch schon getroffen. Leider wohnen wir über die ganze Republik verteilt, aber ein bis zwei Treffen pro Jahr haben wir uns fest vorgenommen.

Nun möchte ich noch ganz herzlich dankeschön sagen, an die Gruppe und an das Team. Alle waren immer ansprechbar. Lorenz hat uns mit viel Geduld die Inhalte erklärt, Olaf hat uns nahe gebracht, wie es Hörenden mit uns geht (er war der einzige ohne Hörschädigung), Anja erabeitete mit den CI-Trägern die neue Hörwelt und Maren zeigte uns als unsere Akustikerin, wie man mehr aus den Hörgeräten holen kann. Uli – nun, Uli hatte eine besondere Rolle eingenommen – mehr wird hier nicht verraten. Aber alle haben dazu beigetragen, dass diese Zeit unvergesslich bleiben wird.

Ich kann diese Reha wirklich empfehlen, auch als langjährig Hörbehinderter (bei mir 40 Jahre) profitiert man davon sehr.

Viele liebe Grüße an das Reha-Team und vielleicht bis bald!

Aleksandra


273. Reha – 27.05. bis 24.06.2017

 

 

 

 


274. Reha – 02.09. bis 30.09.2017

 

 

 

 


275. Reha – 14.10. bis 11.11.2017